Atemwegsprobleme bei Schweinen: Pflanzen als Retter in der Not!

SWINE Pig Pixabay

Von Dr. Inge Heinzl, Editor, EW Nutrition

Die heutige intensive Tierhaltung mit hohen Besatzdichten verursacht Stress bei den Tieren und beeinträchtigt das Immunsystem9, 13. Die Zunahme von Atemwegserkrankungen mit den damit verbundenen Verlusten und Kosten ist nur eine der Folgen. Wegen zunehmender Resistenzbildung gegen antimikrobielle Mittel sollten Antibiotika nur in kritischen Fällen eingesetzt werden, daher brauchen wir effektive Alternativen um die Tiere zu unterstützen.

Atemwegsprobleme sind ein Zusammenspiel mehrerer Faktoren

Er hat bereits einen Namen: Der „Porcine Respiratory Disease Complex“ oder PRDC beschreibt das Zusammenwirken von Viren, Bakterien und nicht-infektiösen Faktoren wie Umweltbedingungen (z. B. schlechte Belüftung), Besatzdichte, Management (z. B. All-in-All-Out nur für Buchten und nicht für den gesamten Stall) und schweinespezifischen Faktoren wie Alter und Genetik, die alle zusammen Atemwegsprobleme bei Schweinen verursachen. Nicht infektiöse Faktoren wie hohe Ammoniakwerte schwächen das Immunsystem und legen den Grundstein für z. B. Mykoplasmen, die die erste Verteidigungslinie, die Flimmerepithelzellen, in den oberen Atemwegen schädigen und den Weg für PRRS-Viren ebnen. Diese gelangen ihrerseits, eingebettet im eingeatmeten Staub, in die Atemwege. Dort schädigen sie die Makrophagen und durchbrechen die nächste Abwehrbarriere. Eine weitere Ursache ist das Porzine Circovirus 2 (PCV2), das spezifische Immunzellen zerstört und zu einer allgemein höheren Anfälligkeit für Infektionen führt.

Im weiteren Verlauf können Bakterien wie Pasteurella multocida oder Streptococcus suis Sekundärinfektionen verursachen7, 20, 22. Auch die Kombination von Mycoplasma hyopneumoniae und dem porcinen Circovirus, beides typischerweise nur gering-pathogene Organismen, führt zu schweren Atemwegserkrankungen15.

Eingeschränkte Atmungsfunktion beeinträchtigt das Wachstum

Die Hauptaufgaben der Atemwege sind die Aufnahme von Sauerstoff aus der Luft und die Abgabe von CO2, das beim Abbau von Gewebe entsteht. Da Schweine keine Schweißdrüsen haben, ist bei ihnen der Atemtrakt jedoch auch für die Wärmeregulierung zuständig. Die Tiere müssen die überschüssige Wärme durch schnelles Atmen loswerden. Ist die Atmungsfunktion krankheitsbedingt beeinträchtigt, ist die Fähigkeit zur Wärmeregulierung reduziert. Die daraus resultierende geringere Futteraufnahme führt zu einer schlechteren Wachstumsleistung und einer geringeren Wirtschaftlichkeit17.

Eine der ersten Studien zu diesem Thema wurde von Straw et al. durchgeführt. (1989)21. Sie stellten fest, dass pro 10 % mehr betroffenem Lungengewebe die tägliche Zunahme um etwa 37 g abnahm. Diese negative Korrelation zwischen infiziertem Lungengewebe und Gewichtszunahme konnte von Paz-Sánchez et al. bestätigt werden (2021)18. Sie sahen, dass Tiere, bei denen mehr als 10% des Lungenparenchyms von cranioventraler Bronchopneumonie (CBP) befallen waren, eine längere Zeit bis zur Vermarktung benötigten (208,8 Tage vs. 200,8 Tage bei der Kontrolle), ein geringeres Schlachtgewicht aufwiesen (74,1 kg vs. 77,7 kg in der Kontrollgruppe) und damit auch eine geringere Tageszunahme (500,8 g/Tag im Vergleich zu 567,2 g/Tag). In einer anderen Studie untersuchten Pagot und Mitarbeiter (2007)16 7000 Schweine aus 14 französischen Betrieben. Sie stellten eine signifikant negative Korrelation (p<0,001) zwischen dem Vorkommen von Lungenentzündungen und dem Wachstum fest, und sahen eine Gewichtsreduktion von 0.7 mit jedem Punkt stärkerer Pneumonie.

Pflanzenextrakte unterstützen Schweine über verschiedene Wirkmechanismen

Schon immer haben Menschen pflanzliche Stoffe zur Heilung von Krankheiten eingesetzt, sei es Weidenrinde gegen Schmerzen, Kamille gegen Entzündungen oder Magenverstimmungen. Spitzwegerich und Thymian werden als Hustenstiller verwendet, und Eukalyptus und Menthol helfen beim Durchatmen. Was für Menschen gut ist, kann auch für Schweine verwendet werden. Um Pflanzenextrakte effektiv einsetzen zu können, ist es wichtig, ihre spezifischen Wirkungsweisen zu kennen. Dank ihrer flüchtigen Natur können ätherische Öle durch Inhalation direkt an den Zielort, die Atemwege, gelangen.1

1.    Pflanzenextrakte können antimikrobiell wirken

Viele ätherische Öle zeigen ein gewisses Maß an antimikrobieller Aktivität. So sind die Öle von z. B. Oregano, Teebaum, Zitronengras, Zitronenmyrte und Nelke wirksam gegen eine Vielzahl von grampositiven und gramnegativen Bakterien. LeBel et al. (2019)12 testeten neun verschiedene Öle gegen Mikroorganismen, die bei Schweinen Atemwegsprobleme verursachen. Sie stellten für die Öle von Zimt, Thymian und Winterbohnenkraut die höchste Wirksamkeit gegen Streptococcus suis, Actinobacillus pleuropneumoniae, Actinobacillus suis, Bordetella bronchiseptica, Haemophilus parasuis und Pasteurella multocida fest, mit minimalen Hemm- (MHKs) und minimalen bakteriziden Konzentrationen (MBKs) von 0,01 bis 0,156 %.

Aber, es kommt nicht nur auf die direkte bakterizide Wirkung an. 1,8-Cineol, z.B., hat nur eine geringe oder keine antimikrobielle Wirkung10, macht aber die Bakterienmembranen2 durchlässig und ermöglicht so das Eindringen anderer schädlicher Stoffe in die Bakterienzelle. Jedoch verfügt Cineol über bemerkenswerte antivirale Eigenschaften.

2.    Pflanzenextrakte können schleimlösend, spasmolytisch oder hustenstillend wirken

Bei Erkrankungen der Atemwege sorgen die schleimlösenden und krampflösenden Eigenschaften von Phytomolekülen für eine gute Atmung. Mukolytische Substanzen lösen den Schleim, machen ihn flüssiger und erleichtern den Abtransport aus den Atemwegen durch das Flimmerepithel. Da die Verflüssigung des Schleims durch ätherische Öle oder Phytomoleküle mit lokalen Reizungen verbunden ist, sind Dosierung und Anwendungsform von höchster Bedeutung.5

Diese “Säuberung” der Atemwege wird als mukoziliäre Clearance bezeichnet. Es gibt auch Substanzen, die den Schleim nicht auflösen, sondern den mukoziliären Transportmechanismus stimulieren und die Transportgeschwindigkeit erhöhen1.

Eine spasmolytische Wirkung auf die glatte Muskulatur der Atemwege haben beispielsweise Menthol8 oder das  ätherische Öl von Eukalyptus tereticornis4. Menthol zeigt eine hustenstillende Wirkung11.

3.    Pflanzenextrakte können immunmodulatorisch und entzündungshemmend wirken

Wenn Tiere an einer Atemwegserkrankung leiden oder Gefahr laufen, sich anzustecken, ist es hilfreich, das Immunsystem zu unterstützen. Zum einen verbessert es die Wirkung von Impfungen. Mieres-Castro et al. (2021)14 verglichen die kombinierte Verabreichung von einem Grippeimpfstoff mit Cineol bei Mäusen mit einer Impfung ohne Cineol. Die Kombination führte zu längerer Überlebenszeit, weniger Entzündungen, geringerem Gewichtsverlust, einer niedrigeren Sterblichkeitsrate, weniger Lungenödemen und niedrigeren Titern, wenn die Tiere sieben Tage nach der Impfung mit dem Virus infiziert wurden.

Sind die Tiere andererseits bereits krank, ist eine Stärkung der Immunabwehr unerlässlich. Li et al. (2012)13 zeigten, dass im Plasma von Schweinen die Interleukin-6-Konzentration niedriger (p<0,05) und der Tumor-Nekrose-Faktor-α-Spiegel höher (p<0,05) war, wenn die Tiere Futter mit 0,18 % Thymol und Zimtaldehyd erhielten. Außerdem vermehrten sich bei den mit Thymol und Zimtaldehyd gefütterten Schweinen die Lymphozyten, signifikant stärker als in der Negativkontrolle (p<0,05).

4.    Pflanzenextrakte können als Antioxidantien wirken

Es gibt Erkrankungen der Atemwege, bei denen reaktive Sauerstoffspezies (ROS) eine wichtige Rolle spielen. In diesen Fällen ist die antioxidative Wirkung von Phytomolekülen von Interesse. Der Versuch von Li et al. (2012)13 zeigte, dass eine Formulierung mit 0,18 % Thymol und Zimtaldehyd die antioxidative Gesamtkapazität (p<0,05) bei Schweinen im Vergleich zu einer negativen Kontrollgruppe erhöhte.

Can Baser & Buchbauer (2010) beschrieben, dass Eukalyptusöl, das 1,8-Cineol, die Monoterpenkohlenwasserstoffe α-Pinen (10-12 %), p-Cymol und α-Terpinen sowie den Monoterpenalkohol Linalool enthält, zur Behandlung von Erkrankungen der Atemwege eingesetzt wird, bei denen ROS eine wichtige Rolle spielen.

5.    Pflanzenextrakte reduzieren die Ammoniakproduktion

Eine hohe Ammoniakkonzentration im Schweinestall belastet die Atemwege der Schweine und macht sie anfällig für Krankheiten. Ammoniak entsteht, wenn sich Kot und Urin vermischen und das Enzym Urease für deren Abbau sorgt. Yucca-Extrakt mit einem hohen Anteil an Saponinen kann die Ammoniakemissionen in den Ställen verringern. Ehrlinger (2007)5 vermutet, dass die Glykokomponenten von Saponinen Ammoniak und andere schädliche Gase binden. Eine andere Erklärung kann die in einem Versuch mit Ratten19 nachgewiesene verringerte Aktivität der Urease oder die Verringerung des Gesamtstickstoffs, des Harnstoffstickstoffs und des Ammoniakstickstoffs im Sauenmist3 sein.

6.    Pflanzenextrakte zeigen oft unterschiedliche Wirkungen bei Atemwegserkrankungen

Aufgrund ihrer natürlichen Aufgabe – dem Schutz der Pflanze – zeigen ätherische Öle in der Regel nicht nur eine für uns vorteilhafte Wirkung. Camphen, zum Beispiel in Thymus vulgaris, hat schleimlösende, krampflösende und antimikrobielle Eigenschaften und wird zur Behandlung von Atemwegsinfektionen eingesetzt. Aufgrund seines bronchodilatatorischen Effekts, seiner Wechselwirkung mit den Kälterezeptoren und der Aktivierung der Atmung kann Menthol wirksam bei Asthma eingesetzt werden.  In niedriger Konzentration wirkt Menthol hustenstillend, erweckt den Eindruck der Abschwellung und reduziert damit Atemwegsbeschwerden und das Gefühl der Atemnot.

Cineol seinerseits wirkt antimikrobiell, hustenstillend, bronchienerweiternd, schleimlösend und entzündungshemmend. Es fördert den Ziliartransport und verbessert die Lungenfunktion1, 6 . Thymol wird eine schleimlösende, antioxidative, antivirale und antibakterielle Wirkung zugeschrieben5.

Studie zeigt: Phytomoleküle helfen, Atemwegserkrankungen in Schach zu halten

In einem philippinischen Ferkelzuchtbetrieb, in dem chronische Atemwegsprobleme während der Wachstumsphase mit einer Morbidität von etwa 10-15 % auftraten, wurde eine Feldstudie durchgeführt. Es wurde ein Flüssigprodukt mit Phytomolekülen, die die Tiere gegen Erkrankungen der Atemwege unterstützen (Grippozon), getestet. Für den Versuch wurden 360 zufällig ausgewählte 28 Tage alte Schweine (Durchschnittsgewicht: 6,64±0,44 kg) in zwei Gruppen mit 6 Wiederholungen pro Gruppe und 30 Ferkeln pro Wiederholung aufgeteilt. Alle Ferkel stammten von Sauen, die antibiotikafrei aufgezogen wurden. Die Ferkel erhielten auch nach dem Absetzen keine Antibiotika, es sei denn, es traten Symptome auf (bei Durchfall: Baytril-1 mL /Schwein; Atemwegserkrankungen: Excede – 1mL/Schwein). Alle Ferkel bekamen das gleiche Futter und eine regelmäßige Prophylaxe über die Tränke:

Woche 1 (1. Woche nach dem Absetzen): •  Multivitamine, Aminosäuren – 200-400 g/1000 L Wasser

•  Säuerungsmittel I (Zitronensäure + Enzym) für die Tränke – 2 L/1000 L

Woche 2-10: • Säuerungsmittel II (Zitronensäure) für die Tränke – 300-400 mL/1000 L)

Kontrollgruppe:             kein zusätzliches Flüssigprodukt zum Wasser
Grippozon-Gruppe:       Zugabe von 250 mL Grippozon pro 1000 L Wasser

Beobachtete Parameter waren das Auftreten von Atemwegserkrankungen, Endgewicht, tägliche Zunahmen, Futterverwertung (FVW) und Kosten für Antibiotika.

Figure

Die Zugabe von Grippozon verringerte das Auftreten von Atemwegserkrankungen um 52 %, was als Folge zu einer Senkung der Kosten für Antibiotikabehandlungen um 53 % führte. Die Tiere zeigten zudem eine bessere Wachstumsleistung (600 g höheres Durchschnittsgewicht und 13 g höhere durchschnittliche Tageszunahme). Dies führte insgesamt zu einem zusätzlichen Ertrag von 1,76 US$ pro Schwein.
Grippozon unterstützt die Schweine gegen Atemwegserkrankungen, reduziert Krankheitsfälle und damit den Einsatz von Medikamenten. Die gesünderen Schweine aus der mit Grippozon versorgten Gruppe können eine höhere Leistung und damit einen höheren Betriebsertrag erbringen.

Wir haben die Mittel, um den Einsatz von Antibiotika zu reduzieren

Atemwegserkrankungen sind ein großes Problem bei Schweinen. Da Resistenzen gegen antimikrobielle Mittel nach wie vor stark verbreitet sind, muss der Einsatz von Antibiotika so weit wie möglich reduziert werden. Phytomoleküle bieten die Möglichkeit, die Gesundheit der Tiere zu stärken, so dass sie weniger anfällig für Krankheiten sind, oder sie zu unterstützen, wenn sie bereits infiziert sind. Mit Hilfe von Phytomolekülen können wir Antibiotikabehandlungen reduzieren und dazu beitragen, dass diese Medikamente wirksam sind, wenn ihr Einsatz unerlässlich ist.

Referenzen

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Herden”. J Am Vet Med Assoc. 1989 Dec 15;195(12):1702-6. 195, Nr. 12 (Dezember 15, 1989): 1702–6.

  1. White, Mark. “Porcine Respiratory Disease Complex (PRDC)”. Viehzucht 16, Nr. 2 (2011): 40–42. https://doi.org/10.1111/j.2044-3870.2010.00025.x.



Antimikrobielle Resistenz mit Ei-Immunglobulinen bekämpfen

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Von Lea Poppe, Regional Technical Manager On-Farm Solutions Europa, und
Dr. Inge Heinzl, Editorin

Antibiotikaresistenz (AMR) ist eine der zehn globalen Bedrohungen der öffentlichen Gesundheit. Jim O’Neill (2016) prognostizierte, dass bis 2050 jährlich 10 Millionen Menschen an AMR sterben werden. Der folgende Artikel zeigt Ursachen der antimikrobiellen Resistenz und wie Antikörper aus dem Ei dazu beitragen könnten, dieses Problem einzudämmen.

Globales Problem: Antibiotikaresistenz durch unsachgemäßen Einsatz von antimikrobiellen Arzneimitteln

Antimikrobielle Substanzen werden zur Vorbeugung und Heilung von Krankheiten bei Menschen, Tieren und Pflanzen eingesetzt und umfassen Antibiotika, Virostatika, Antiparasitika und Antimykotika. Die Verwendung dieser Arzneimittel erfolgt nicht immer bewusst, teilweise aus Unwissenheit, teilweise auch aus wirtschaftlichen Gründen.

Eine falsche Therapie kann auf unterschiedliche Weise erfolgen

  1. Der Einsatz von Antibiotika gegen Krankheiten, die mit Hausmitteln geheilt werden können. Eine kürzlich veröffentlichte deutsche Studie (Merle et al., 2023) bestätigte den linearen Zusammenhang zwischen der Behandlungshäufigkeit und den Resistenzwerten bei Kälbern, die jünger als acht Monate sind.
  2. Der Einsatz von Antibiotika gegen Viruserkrankungen: Antibiotika wirken nur gegen Bakterien, nicht gegen Viren. Grippe zum Beispiel wird durch Viren verursacht, aber Ärzte verschreiben oft ein Antibiotikum.
  3. Die Verwendung von Breitspektrum-Antibiotika anstelle der Erstellung eines Antibiogramms und der Anwendung eines spezifischen
  4. Eine zu lange Behandlung mit antimikrobiellen Mitteln gibt Mikroorganismen Zeit, sich anzupassen. Für eine lange Zeit war der einzige Fehler, den man machen konnte, eine Antibiotikatherapie zu früh zu beenden. Heute lautet die Devise “so kurz wie möglich”.

Nehmen wir das Beispiel Neugeborenendurchfall bei Kälbern, eine der häufigsten Krankheiten mit großen wirtschaftlichen Auswirkungen. Kälberdurchfall kann durch eine Vielzahl von Bakterien, Viren oder Parasiten verursacht werden. Die infektiöse Form kann eine Komplikation von nicht-infektiösem Durchfall sein, der durch ernährungsbedingten, psychologischen und umweltbedingten Stress verursacht wurde (Uetake, 2012). Die Erreger, die Durchfall bei Kälbern verursachen, können sich von Region zu Region unterscheiden. In der Schweiz und im Vereinigten Königreich sind z. B. Rotaviren und Kryptosporidien die häufigsten Erreger, während in Deutschland auch E. coli dazu gehört. Um das Auftreten von AMR zu minimieren, ist es entscheidend zu wissen, welcher Erreger hinter einer Krankheit steckt.

Der prophylaktische Einsatz von Antibiotika ist immer noch ein Problem

  1. Der Einsatz von niedrig dosierten Antibiotika zur Wachstumsförderung. Diese Verwendung ist in der EU nun schon seit 17 Jahren verboten, in anderen Teilen der Welt ist sie jedoch immer noch üblich. Vor allem in Ländern mit niedrigen Hygienestandards weisen Antibiotika eine hohe Wirksamkeit auf.
  2. Der präventive Einsatz von Antibiotika, um z. B. Ferkeln die Absetzphase zu erleichtern oder zugekaufte Tiere in ihrer neuen Umgebung gegen die neuen Keime zu unterstützen. Antibiotika reduzieren den Erregerdruck, verringern das Auftreten von Durchfallerkrankungen und sorgen dafür, dass die Tiere weiterhin gut wachsen.
  3. Im Rahmen des prophylaktischen Einsatzes von antimikrobiellen Mitteln ist auch die Gruppenbehandlung zu erwähnen. In der Kälbermast sind Gruppenbehandlungen weitaus häufiger als Einzelbehandlungen (97,9 % aller Behandlungen), wie aus einer Studie, die die Medikation in der Kälberproduktion in Belgien und den Niederlanden dokumentiert, hervorgeht. Behandlungsindikationen waren dabei Atemwegserkrankungen (53 %), Einstallprophylaxe (13 %) und Durchfallerkrankungen (12 %). Darüber hinaus ergab die Studie, dass fast die Hälfte der antimikrobiellen Gruppenbehandlungen unterdosiert (43,7 %) und ein großer Teil (37,1 %) überdosiert war.

In mehreren Ländern fordern die Verbraucher mittlerweile jedoch einen reduzierten oder gar keinen Einsatz von Antibiotika (“No Antibiotics Ever” – NAE), und die Tierhalter müssen darauf reagieren.

Heutige Mobilität ermöglicht die weltweite Ausbreitung von AMR

Bakterien, Viren, Parasiten und Pilze, die nicht mehr auf eine antimikrobielle Therapie ansprechen, werden als resistent eingestuft. Medikamente wirken nicht mehr und damit wird die Behandlung der Krankheit schwierig oder sogar unmöglich. Alle vorher genannten unterschiedlichen Anwendungen bieten die Möglichkeit, dass resistente Bakterien/Mikroorganismen entstehen und sich vermehren. Aufgrund des globalen Handels und der Mobilität der Menschen verbreiten sich arzneimittelresistente Erreger rasch in der ganzen Welt, und gängige Krankheiten können mit vorhandenen antimikrobiellen Medikamenten wie Antibiotika nicht mehr behandelt werden. Standardoperationen können zu einem Risiko werden, und im schlimmsten Fall sterben Menschen an Krankheiten, die einst als behandelbar galten. Wenn neue Antibiotika entwickelt werden, hängt ihre langfristige Wirksamkeit wieder von ihrem korrekten und begrenzten Einsatz ab.

Zur Bekämpfung von AMR werden verschiedene Ansätze verfolgt

Es gibt bereits verschiedene Ansätze zur Bekämpfung von AMR. Als Beispiele können der jährlich in den Niederlanden veröffentlichte MARAN-Report, das EU-Verbot von antibiotischen Wachstumsförderern im Jahr 2006, “No antibiotics ever (NAE) programs” in den USA oder der jährlich veröffentlichte “Report on the Antimicrobial resistance surveillance in Europe” genannt werden. Einer der jüngsten Ansätze ist ein beratendes „One Health High Level Expert Panel” (OHHLEP), das von der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO), der Weltorganisation für Tiergesundheit (OIE), dem Umweltprogramm der Vereinten Nationen (UNEP) und der Weltgesundheitsorganisation (WHO) im Mai 2021 gegründet wurde. Da AMR viele Ursachen hat und folglich viele Akteure an ihrer Reduzierung beteiligt sind, möchte das OHHLEP die Kommunikation und Zusammenarbeit zwischen allen Sektoren und Interessengruppen verbessern. Ziel ist es, Programme, Strategien, Gesetze und Forschungsarbeiten zur Verbesserung der Gesundheit von Menschen, Tieren und Umwelt, die eng miteinander verbunden sind, zu entwickeln und umzusetzen. Ansätze wie die genannten tragen dazu bei, die Ausbreitung resistenter Erreger einzudämmen und damit weiterhin fähig zu sein, Krankheiten bei Menschen, Tieren und Pflanzen zu behandeln.

Zusätzlich zu den reinen Vorteilen für die Gesundheit verbessert die Reduktion von AMR die Lebensmittelsicherheit und trägt zur Erreichung der Ziele für nachhaltige Entwicklung bei (z. B. kein Hunger, gute Gesundheit und Wohlbefinden sowie sauberes Wasser).

Vorbeugung ist besser als Behandlung

Jungtiere wie Kälber, Lämmer und Ferkel erhalten im Mutterleib keine immunologische Grundausstattung und brauchen deshalb einen passiven Immuntransfer durch das mütterliche Kolostrum. Dementsprechend ist ein optimales Kolostrummanagement der erste Weg, um neugeborene Tiere vor Infektionen zu schützen, was durch die allgemeine Diskussion über den unzureichenden passiven Transfer bestätigt wird: Verschiedene Studien deuten darauf hin, dass Kälber mit einer schlechten Versorgung an Immunglobulinen häufiger an Durchfall erkranken als Kälber mit ausreichender Versorgung.

Vor allem während der immunologisch defizitären Phase, wenn die mütterlichen Immunglobuline abnehmen und das eigene Immunsystem noch nicht voll entwickelt ist, ist es entschei-dend, Aufstallung, Stressauslöser, Biosicherheit und Fütterung zu überprüfen, um das Risiko von Infektionskrankheiten und damit die Notwendigkeit von Behandlungen zu verringern.

Immunglobuline aus dem Ei bieten Jungtieren zusätzlichen Schutz

Auch wenn neugeborene Tiere rechtzeitig ausreichend Kolostrum erhalten und alles optimal verläuft, durchlaufen die Tiere zwei Immunitätslücken: Die erste tritt kurz nach der Geburt vor der ersten Aufnahme von Kolostrum auf, die zweite, wenn die mütterlichen Antikörper abnehmen und das Immunsystem des Jungtiers noch nicht vollständig aktiviert ist. Diese Immunitätslücken werfen die Frage auf, ob etwas anderes getan werden kann, um Neugeborene in ihren ersten Lebenstagen und -wochen zu unterstützen.

Die Antwort lieferte Felix Klemperer (1893), ein deutscher Internist, der über Immunität forschte. Er fand heraus, dass Hennen, die mit Krankheitserregern in Kontakt kommen, Antikörper gegen diese Erreger bilden und auf das Ei übertragen. Dabei ist es unerheblich, ob die Erreger für Hühner oder andere Tiere relevant sind. Diese Ei-Immunglobuline sind ein immunologisches Starterpaket für die Küken.

Neue Technologien ermöglichen es uns heute, hochwertige Produkte auf Basis von Eipulver herzustellen, die natürliche Ei-Immunglobuline (IgY – englisch→ immunoglobulins of the yolk) enthalten. Diese Ei-Antikörper agieren hauptsächlich im Darm. Dort erkennen und binden sie beispielsweise Durchfallerreger und machen sie auf diese Weise unwirksam.

Die Wirksamkeit der Ei-Antikörper wurde in verschiedenen Studien (Kellner et al., 1994; Erhard et al., 1996; Ikemori et al., 1997; Yokoyama et al., 1992; Marquart, 1999; Yokoyama et al., 1997) bei Ferkeln und Kälbern nachgewiesen.

Studie belegt hohe Wirksamkeit von Ei-Immunoglobulinen bei Ferkeln

Ein in Deutschland durchgeführter Versuch zeigte vielversprechende Ergebnisse hinsichtlich der Sterblichkeitsminderung in der Abferkelbucht. Für den Versuch wurden 96 Sauen und ihre Würfe in drei Gruppen mit jeweils 32 Sauen aufgeteilt. Zwei der Gruppen bekamen das Ei-Immunglobuline enthaltende Produkt Globigen Pig Doser oral verabreicht: eine Gruppe an den Tagen 1 und 3 und die andere Gruppe an den ersten drei Lebenstagen. Die dritte Gruppe diente als Kontrollgruppe und bekam kein Ergänzungsfuttermittel.

Unabhängig von der Häufigkeit der Anwendung unterstützte Globigen Pig Doser die Ferkel sehr gut und verringerte die Sterblichkeit im Vergleich zur Kontrollgruppe erheblich. Die Maßnahme führte dazu, dass pro Jahr 2 Ferkel mehr abgesetzt werden könnten als in der Kontrollgruppe.

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Ei-Immunglobuline unterstützen junge Kälber

Um den Effekt von IgY-basierten Produkten auch an Kälbern zu testen, wurde ein Feldversuch auf einem portugiesischen Milchviehbetrieb durchgeführt. Es wurden zwei Gruppen mit je 12 Kälbern verglichen. Eine Gruppe erhielt oral ein IgY-haltiges Ergänzungsfuttermittel in Form einer Paste am Tag der Geburt und an den zwei darauffolgenden Tagen, die andere Gruppe bekam kein Produkt und diente als Kontrolle. Hauptsächliche, während eines zweiwöchigen Versuchszeitraums beobachtete Parameter waren das Auftreten von Durchfall, dessen Beginn und Dauer sowie die Antibiotikabehandlung, die auf dem Versuchsbetrieb im Falle von Durchfall standardmäßig durchgeführt wurde. Die Ermittlung des Durchfallerregers gehörte nicht zum Standardprogramm des Betriebs.

In diesem Versuch erkrankten in der Kontrollgruppe zehn von zwölf Kälbern an Durchfall, in der Versuchsgruppe leidglich fünf. Die Durchfalldauer bzw. Dauer der Antibiotikabehandlung betrug in der Kontrollgruppe insgesamt 37 Tage (durchschnittlich 3,08 Tage/Tier), in der Versuchsgruppe dagegen nur 7 Tage (durchschnittlich 0,58 Tage/Tier). Außerdem setzte der Durchfall bei den Kälbern der Globigen Calf Paste-Gruppe später ein, so dass die Tiere bereits die Chance hatten, ein zumindest minimal funktionierendes Immunsystem zu entwickeln.

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Das Ergänzungsfuttermittel diente als wirksame Maßnahme, die Kälber während ihrer ersten Lebenstage immunologisch zu unterstützen und die Antibiotikabehandlungen damit drastisch zu reduzieren.

Schlussfolgerung

Die Reduzierung des Einsatzes antimikrobieller Substanzen ist eine der größten Aufgaben der Tierproduktion weltweit. Diese Reduzierung darf nicht zu einer Beeinträchtigung der Tiergesundheit und von Parametern wie Wachstumsleistung und allgemeiner Wirtschaftlichkeit erfolgen. Dieser allgemeinen Forderung kann durch einen ganzheitlichen Ansatz, der Biosicherheit, Stressreduzierung und Ernährungsunterstützung beinhaltet, Rechnung getragen werden. Ergänzungsfuttermittel wie Ei-Immunglobuline sind kommerzielle Optionen, die großartige Ergebnisse und Vorteile auf diesem Gebiet zeigen und die weltweite Tierproduktion in die richtige Richtung lenken werden.

Referenzen auf Anfrage.




Moderne phytogene Futterzusatzstoffe – auf die Verkapselung kommt’s an

feed quality pellets kv yellow

Henning Gerstenkorn & Ruturaj Patil, EW Nutrition

 

Sekundären Pflanzenextrakten wurden eine verbesserte Verdauung, positive Effekte auf die Darmgesundheit, sowie ein Schutz bei oxidativem Stress in diversen wissenschaftlichen Studien der vergangenen Jahre attestiert (Hashemi and Davoodi, 2011). Ihr Einsatz als Futtermittelzusatzstoff hat sich etabliert und verschiedene Mischungen, den entsprechenden Zielstellungen angepasst, sind erhältlich. Deren Verwendung im pelletierten Futter stehen jedoch seit geraumer Zeit kritische Stimmen gegenüber. Eine unbefriedigende Reproduzierbarkeit der positiven Einflüsse auf die Leistungsparameter, insbesondere in ihrem Ausmaß, stehen im Fokus der Kritiker.

Als mögliche Ursachen werden nicht ausreichend standardisierte Rohwaren, sowie nicht kontrollierbare und ungleichmäßige Verluste der wertvollen enthaltenen Phytomoleküle während der Mischfutterherstellung diskutiert. In diesem Artikel beleuchten wir einen weiteren Parameter dessen Leistungsfähigkeit für die ökonomische und ökologische Nachhaltigkeit von phytogenen Futterzusatzstoffen entscheiden ist: die Verkapselungstechnologie.

Qualität phytogener Zusatzstoffe hängt von mehreren Faktoren ab

Das intensive Bestrebens der Nutztierhaltung, deren Bedarf antibiotisch wirksamer Arzneimittel auf ein unverzichtbares Minimum zu reduzieren, hat zu einer intensivere Nutzung von natürlichen und naturidentischen Futtermittelzusatzstoffen zur präventiven Gesunderhaltung der Nutztierbestände geführt. In den Kategorien der zootechnischen und sensorischen Zusatzstoffe sind zahlreiche Stoffe eingeordnet, die in der Humanernährung in dem Bereich der Gewürzpflanzen und Kräuter, oder in der traditionellen Medizin als Heilkräuter bekannt sind.

Die ersten verfügbaren Produkte dieser phytogenen Zusatzstoffe wurden auf einfachem Wege dem Mischfutter beigemengt. Die gewünschten Pflanzenteile wurden, ähnlich wie Gewürze und Kräuter in der Humanernährung, zerkleinert, oder zermahlen dem Premix beigemengt. Alternativ wurden flüssige Pflanzenextrakte vorab auf einen geeigneten Träger (z. B. Kieselgur) gebracht, um diese dann in den Premix einzubringen. An diesen Verfahrensweisen lassen sich zwei Gegebenheiten aufzeigen, die für die zu Beginn genannten schwierigen Reproduzierbarkeit positiver Ergebnisse verantwortlich sein können.

Variabilität aktiver Substanzen in Rohstoffen

Ein nicht zu unterschätzender Störfaktor ist die variierende Konzentration und Zusammensetzung der aktiven Substanzen in der Pflanze. Diese Zusammensetzung ist im Wesentlichen von den Standortbedingungen, wie Witterung, Boden, Lebensgemeinschaft und Erntezeitpunkt abhängen (Ehrlinger, 2007). In einem aus Thymian gewonnenen Öl können daher die Gehalte des relevanten Phenols Thymol zwischen 30 und 70 % variieren (Lindner, 1987). Diese extremen Schwankungen werden bei modernen phytogenen Zusatzstoffen durch den Einsatz naturidentischer Inhaltsstoffe vermieden.

Pelletierung setzt sensiblen Zusatzstoffen zu

Die in Diskussion stehenden Verluste der wertvollen Phytomoleküle können ebenfalls auf die natürliche Herkunft der Rohmaterialien zurückgeführt werden. Einige Phytomoleküle (z. B. Cineol) sind bereits bei niedrigen Temperaturen flüchtig. In der Hausapotheke nutzt man diesen Effekt vorwiegend bei Erkältungsprodukten, um unter Zugabe von heißem Wasser die ätherischen Öle aus Minze und Eukalyptus inhalieren zu können. Im Prozess des Pelletierens in der Mischfutterherstellung herrschen je nach Bauart Temperaturen zwischen 60 °C und bis zu 90 °C, die bis zum Abkühlungsprozess über mehrere Minuten anhalten können. Sensible Zusatzstoffe können in diesem Prozessschritt inaktiviert werden, oder sich verflüchtigen.

Eine stabile Verkapselung als Schlüssel zur Stabilität

Eine technische Lösung zur Erhaltung temperatursensibler Zusatzstoffe stellt die Ummantelung mit einer Schutzhülle dar, welche bei Enzymen bereits etabliert ist. Eine solche sogenannte Verkapselung wird auch bei phytogenen Zusatzstoffen bereits in höherwertigen Produkten erfolgreich genutzt. Die flüchtigen Substanzen sollten durch eine Ummantelung mit Fett oder Stärke geschützt werden, damit der Großteil (>70%) der Inhaltsstoffe auch nach dem Pelletieren wiedergefunden wird. Leider ist mit dieser Kapsel kein kompletter Schutz möglich, da diese einfache Schutzhülle durch mechanischen Druck beim Mahlen und Pelletieren aufgebrochen werden kann. Neue Arten der Mikroverkapselung wirken dem jedoch entgegen: Vergleichbar mit einem Schwamm, wird bei mechanischem Druck auf solch eine Kapsel nur ein kleiner Anteil der mit flüchtigen Phytomolekülen gefüllten Kammern beschädigt.

Phytogener Futterzusatz mit dem Schutz für Kontinuität im Ergebnis

Mit dieser Zielsetzung hat EW Nutrition eine Mikroverkapselung speziell für den Einsatz im Futter entwickelt. Erste Ergebnisse zeigen, dass die im Produkt Ventar D realisierte Technologie auch unter anspruchsvollen Pelletierungsbedingungen eine hohe Wiederfindungsraten der sensiblen Phytomoleküle gewährleistet. In einer Vergleichsstudie mit im Markt etablierten verkapselten Produkten konnte Ventar D in allen drei getesteten Szenarien (70 °C, 45 Sek; 80 °C, 90 Sek; 90 °C, 180 Sek) die höchsten Wiederfindungsraten erzielen. In dem Stresstest bei einer Temperatur von 90 °C über eine Dauer von 180 Sekunden konnten mindestens 84 % der wertvollen Phytomoleküle erhalten, während die Vergleichsprodukte zwischen 70 % und 82 % variierten. Unter einfacheren Bedingungen wurde eine konstante Wiederfindungsrate von 90 % erreicht.

Wiederfindungsraten für jedes Produkt, von links nach rechts: 70°C/45 Sekunden; 80°C/90 Sekunden; 90°C/180 Sekunden

 

Ökonomisch und ökologisch nachhaltig

In der Vergangenheit wurden die genannten Verluste in der Mischfutterproduktion und insbesondere beim Pelletieren als größtenteils unvermeidbar bezeichnet. Die phytogenen Zusatzstoffe mussten in den Mischfutterwerken, abhängig vom vorliegenden Prozess, häufig um 20 % bis 40 % überdosiert werden, um im fertigen Produkt die gewünschte Dosierung der wertvollen Phytomoleküle zu erhalten. Diese Vorgehensweise bedingte einen höheren Produkteinsatz und erhöhte somit die Kosten, sowie den damit verbundenen CO2-Fußabdruck. Die in Ventar D eingesetzte moderne Verkapselungstechnologie bietet nun einen deutlich besseren Schutz der wertvollen Phytomoleküle und bietet neben dem ökonomischen Vorteil auch einen effizienteren Umgang mit den zur Produktion notwendigen Ressourcen.

Referenzen

Hashemi, S. R .; Davoodi, H .; 2011; Herbal plants and their derivatives as growth and health promoters in animal nutrition; Vet Res Commun (2011) 35: 169-180; DOI 10.1007 / s11259-010-9458-2; Springer Science + Business Media BV, 2011

Ehrlinger, M., 2007: Phytogenic additives in animal nutrition. Inaugural dissertation. Munich: Veterinary Faculty of the Ludwig Maximilians University in Munich.

Lindner, U., 1987: Aromatic plants – cultivation and use. Contribution to the special show – Medicinal and Spice Plants (Federal Garden Show 1987), Teaching and Research Institute for Horticulture Auweiler-Friesdorf, Düsseldorf.




Stehen Endotoxine hinter Ihrer geringen Tierproduktivität?

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Erfahren Sie hier mehr über Endotoxine

Machen Stresssituationen Ihre Tiere krank oder verschlimmert sich eine Krankheit nach Antibiotikabehandlung? Endotoxine könnten die Ursache sein!

Was sind Endotoxine?

Herkunft

Endotoxine wie auch Exotoxine sind bakterielle Toxine. Im Gegensatz zu Exotoxinen, die von lebenden Bakterien aktiv ausgeschieden werden, sind Endotoxine („Endotoxin“ kommt aus dem Griechischen; Endo = Innen; Toxin = Gift) Bestandteile der äußeren Zellmembran von gramnegativen Bakterien wie Escherichia coli, Salmonella, Shigella, und Cyanobakterien (Blaualgen). Sie werden nur freigegeben im Falle von

  • bakteriellem Tod aufgrund eines wirksamen Abwehrmechanismus des Wirts oder der Wirkung bestimmter Antibiotika
  • Bakterienwachstum (Ausscheidung) (Todar, 2008-2012)

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 Das Vorkommen der Endotoxine innerhalb der Bakterienzelle © Prof. Dr. med. Marina A. Freudenberg  

Struktur

Biochemisch gehören Endotoxine zu den Lipopolysacchariden (LPS). Sie bestehen aus einer relativ einheitlichen Lipidfraktion (Lipid A) und einer speziesspezifischen Polysaccharidkette. Ihre Toxizität ist hauptsächlich auf das Lipid A zurückzuführen. Der Polysaccharidteil ist verantwortlich für ihre Aktivität. Im Gegensatz zu den Bakterien sind ihre Endotoxine sehr hitzebeständig und halten einer Sterilisation stand. Die Namen Endotoxin und Lipopolysaccharide werden synonym verwendet, wobei bei “Endotoxin” das Augenmerk auf dem Vorkommen und der biologischen Aktivität liegt, bei “Lipopolysaccharid” mehr die chemische Struktur hervorgehoben wird (Hurley, 1995).

 

Auswirkungen

Endotoxine gehören zu den fiebererzeugenden Substanzen. Sie aktivieren die Signalwege mehrerer immunkompetenter Zellen. Ein früher Kontakt mit Endotoxinen führt zur Aktivierung und Reifung des erworbenen Immunsystems. Braun-Fahrländer und Mitarbeiter (2002) stellten fest, dass Kinder, die mit Endotoxinen in Berührung kamen, weniger Probleme mit Heuschnupfen, atopischem Asthma und atopischer Sensibilisierung hatten. Dies passt zusammen mit der Tatsache, dass in menschlichen Populationen nach Erhöhung der Hygienestandards eine Zunahme von Allergien beobachtet werden konnte.

Verschiedene Tierarten zeigen unterschiedliche Empfindlichkeiten gegenüber Endotoxininfusionen, z. B. (gesunde) Hunde, Ratten, Mäuse, Hühner tolerieren Konzentrationen ≥ 1 mg / kg Körpergewicht, während (gesunde) Wiederkäuer, Schweine und Pferde bereits bei Konzentrationen <5 μg/kg Körpergewicht sehr empfindlich reagieren (Olson et al., 1995, zitiert in Wilken, 2003).

Wann ist ein Organismus einer höheren Belastung mit Endotoxinen ausgesetzt?

Endotoxine kommen natürlicherweise im Darm vor, da die Mikroflora auch gramnegative Bakterien enthält. Sie richten erst Schaden an, wenn sie in den Blutkreislauf gelangen. Solange der Endotoxinspiegel niedrig ist, kann das Immunsystem damit zurechtkommen, höhere Konzentrationen können jedoch kritisch werden. Ein Anstieg der Endotoxine im Organismus resultiert aus einem höheren Input und / oder einer geringeren Clearance- bzw. Entgiftungsrate.

Wie kommen mehr Endotoxine in den Organismus

„Normale“, geringe Mengen an Endotoxinen, die aufgrund regelmäßiger bakterieller Aktivität im Darm entstehen und in den Organismus übertragen werden, haben keine negativen Auswirkungen, solange die Leber ihre Clearance-Funktion erfüllt. Auch die im Fettgewebe gespeicherten Endotoxine sind unproblematisch. Einige Faktoren können jedoch zu einer Freisetzung der Endotoxine oder deren Translokation in den Organismus führen:

  1. Stress

Stresssituationen wie Geburt, Operationen, Verletzungen können zu einer Ischämie (mangenlde Blutversorgung) im Darm und zur Übertragung von Endotoxinen in den Organismus führen (Krüger, 1997). Andere Stresssituationen in der Tierproduktion, wie hohe Temperaturen und hohe Besatzdichten, tragen auch zu höheren Endotoxinspiegeln im Blutkreislauf bei: Stress führt zu einem höheren Stoffwechselbedarf an Wasser, Natrium und energiereichen Substanzen. Für eine höhere Verfügbarkeit dieser Substanzen wird die Permeabilität der Darmbarriere erhöht, was möglicherweise auch zu einer höheren Translokation von Bakterien und ihren Toxinen in den Blutkreislauf führt.

Beispiele:

  • In einer experimentellen Studie von Seidler (1998) (zitiert in Wilken (2003)) wurden höhere Endotoxinwerte bei Schweinen festgestellt, die unter Stress aufgrund von Belastung, Transport und damit verbundenen erhöhten Temperaturen litten.
  • Marathonläufer (Brock-Utne et al., 1988) und Rennpferde (Baker et al., 1988) zeigten ebenfalls höhere Endotoxinkonzentrationen im Blut proportional zum Laufstress. Dabei liegen bei trainierten Pferden die Konzentrationen niedriger als bei nicht trainierten.
  1. Abbau von Körperfett zur Energiemobilisierung

Wenn Endotoxine aufgrund von anhaltendem Stress ständig in den Blutkreislauf gelangen, können sie im Fettgewebe gespeichert werden. Der SR-B1 (Scavenger-Rezeptor B1, ein Membranrezeptor, der zur Gruppe der Mustererkennungsrezeptoren (pattern-recognition receptor – PRR) gehört) bindet sowohl an Lipide als auch an Lipopolysaccharide und fördert damit wahrscheinlich den Einbau von LPS in Chylomikronen. Von Chylomikronen auf andere Lipoproteine übertragen, gelangt LPS schließlich ins Fettgewebe (Hersoug et al., 2016). Die Mobilisierung von Energie durch Fettabbau, z. B. zu Beginn der Laktation, führt beispielsweise zu einer Wiedereinspeisung von Endotoxinen in den Blutkreislauf.

  1. Beschädigung der Darmbarriere

Wie bereits beschrieben, sind Endotoxine aufgrund bakterieller Aktivität unter normalen Bedingungen im Darm vorhanden. Eine Beschädigung der Darmbarriere ermöglicht dementsprechend den Übergang von Endotoxinen (und Bakterien) in den Blutkreislauf

  1. Zerstörung von gramnegativen Bakterien

Eine weitere „Quelle“ für Endotoxine ist die Zerstörung der Bakterien. Dies kann zum einen durch das Immunsystem des Organismus oder durch die Behandlung mit bakteriziden Substanzen gegen gramnegative Bakterien erfolgen (Kastner, 2002). Um eine erhöhte Freisetzung von Endotoxinen zu verhindern, sollten dementsprechend gramnegative Bakterien mit bakteriostatischen Substanzen, die nur das Wachstum hemmen und die Bakterien nicht zerstören, oder mit bakteriziden Substanzen in Kombination mit LPS-Bindemitteln behandelt werden (Brandenburg, 2014).

  1. Vermehrung von gramnegativen Bakterien

Da gramnegative Bakterien auch beim Wachstum geringe Mengen an Endotoxinen freisetzen, führt alles, was ihre Proliferation fördert, auch zu einem Anstieg der Endotoxine:

Ungleichgewicht in der Fütterung

Hochleistungskühe z. B. erhalten für die Milchproduktion Futter mit hohen Gehalten an Stärke, Fett und Eiweiß. Hohe Gehalte an Kohlenhydraten führen zu einem Anstieg von gramnegativen Bakterien. Gleichzeitig führt aber diese Fütterung auch zu einer Absenkung des pH (Azidose), was dann zur Abtötung von gramnegativen Bakterien und damit zur Freisetzung von Endotoxinen führen kann. Futter mit hohen Fettgehalten führt zu einer höheren Konzentration von Endotoxinen im Organismus, da derselbe „Transporter“ (Scavenger-Rezeptor Klasse B Typ 1, SR-BI) für die Absorption von Fett (Hersoug et al., 2016) aber von Endotoxinen verwendet werden kann.

In einer Studie von Deopurkar et al. (2010) mit Menschen als Vertretern der Monogastrier wurden gesunden Teilnehmern drei verschiedene Getränke (Glukose – 100% Kohlenhydrate, Orangensaft – 92% Kohlenhydrate und Sahne – 100% Fett) zum Trinken gegeben. Nur das Sahnegetränk erhöhte den Gehalt an Lipopolysacchariden im Plasma.

Infektionskrankheiten

Infektionskrankheiten wie Mastitis, Metritis und andere Infektionen, die durch gramnegative Bakterien wie E. coli, Salmonellen usw. verursacht werden, können als Ursache für die Freisetzung von Endotoxinen angesehen werden

Eingeschränkte Entgiftung, verminderter Abbau

Hauptverantwortliches Organ: die Leber

Aufgabe: Entgiftung und Abbau von in den Blutkreislauf gelangtem Endotoxin. Die Leber produziert Substanzen wie Lipopolysaccharid-Bindungsproteine (LBP), die zur Bindung und Neutralisierung von Lipopolysaccharid-Strukturen notwendig sind.

Während der postpartalen Periode befindet sich der Organismus in einer katabolen Phase, mit einem erhöhten Fettabbau versucht der Organismus, den hohen Energiebedarf für die Milchproduktion zu decken. Eine gesteigerte Lipolyse führt, wie bereits erwähnt, zu einer Freisetzung von Endotoxinen aus dem Fettgewebe, aber auch zu einer Verfettung der Leber. Eine verfettete und damit degenerierte Leber kann bei der Endotoxin-Clearance nicht die gleiche Leistung erbringen wie eine normale (Andersen, 2003; Andersen et al., 1996; Harte et al., 2010; Wilken, 2003).  In einer Studie von Andersen et al. (1996) konnte bei Kühen mit Fettleber keine vollständige Elimination der Endotoxine erreicht werden. Das Auftreten einer Fettleber nimmt nach der Geburt zu (Reid und Roberts, 1993; Wilken, 2003).

Auch andere Erkrankungen der Leber beeinflussen die Endotoxin-Clearance in der Leber. Hanslin et al. (2019) fanden eine beeinträchtigte Endotoxin-Elimination bei Schweinen mit schon bestehendem,  systemischem inflammatorischem Response-Syndrom (SIRS).

Probleme durch Endotoxine

Endotoxine in geringer Konzentration können das Immunsystem positiv stimulieren (Sampath, 2018). Nach McAleer und Vella (2008) werden Lipopolysaccharide als natürliche Adjuvantien verwendet, um bei einer Impfung die Immunreaktion durch Beeinflussung der CD4+T-Zellantwort zu stärken. Problematisch an Endotoxinen ist ihre Beteiligung an der Entwicklung schwerwiegender Probleme wie des MMA-Komplexes (Pig Progress) oder eines septischen Schocks (Sampath, 2018).

MMA-Komplex bei Sauen

MMA bei Sauen ist eine multifaktorielle Erkrankung, die kurz (12 Stunden bis drei Tage) nach dem Abferkeln auftritt und durch verschiedene Faktoren (Krankheitserreger wie E. coli, Klebsiella spp., Staph. Spp. und Mycoplasma spp., aber auch Stress, Ernährung) verursacht werden kann. MMA ist auch als puerperales Syndrom, puerperale Septikämie, Milchfieber oder Toxämie bekannt. Die letzte Bezeichnung legt nahe, dass einer der Faktoren, die die Krankheit mit verursachen, bakterielle Endotoxine sind. Während der perinatalen Phase findet zur Unterstützung der Laktation ein massiver Fettabbau statt. Die Sauen leiden häufig unter Verstopfung. Dies kann zu einer höheren Durchlässigkeit der Darmwand und zu einer Übertragung von Bakterien bzw. Endotoxinen in den Blutkreislauf führen. Eine weitere „Quelle“ für Endotoxine kann das Euter sein, da gramnegative Bakterien in erhöhtem Maße in den Brustdrüsen vorkommen (Morkoc et al., 1983).

Die Endotoxine können zu einer endokrinen Dysfunktion führen: ↑ Cortisol, ↓ PGF2α, ↓ Prolactin, ↓ Oxytocin. MMA steht für:

Mastitis, eine bakterielle Infektion des Euters

Mastitis kann von zwei Seiten provoziert werden: Einerseits führt Endotoxämie zu einer Erhöhung der Zytokine (IL1, 6, TNFα). Niedrigere Ca- und K-Spiegel führen dazu, dass der Zitzenschließmuskel weniger funktionsfähig ist, was den Eintritt von Umweltpathogenen ins Euter erleichtert und zu Mastitis führt. Andererseits steigt die Cortisolkonzentration als Reaktion auf den Abferkelstress. Die resultierende Immunsuppression ermöglicht es E. coli, sich im Euter zu vermehren.

Metritis, eine Infektion der Gebärmutter mit Ausfluss im Vulvabereich

Die Gebärmutterentzündung führt zu reduzierten Kontraktionen und damit zu einem sich länger hinziehenden und/oder komplizierten Abferkeln oder zu toten Ferkeln. Stress und die damit verbundene Abnahme der Oxytocin- und Prostaglandin-F2α-Sekretion kann eine Infektion der Gebärmutter fördern. Morkoc et al. (1983) fanden keinen Zusammenhang zwischen Metritis und Endotoxinen.

Agalaktie, eine verringerte oder komplett fehlende Milchproduktion

In vielen Fällen wird eine Agalaktie erst erkannt, wenn die Saugferkel Anzeichen von Hunger und / oder Gewichtsverlust zeigen. Im schlimmsten Fall steigt die Sterblichkeitsrate bei den Ferkeln. Wahrscheinlich wird ein Milchmangel durch zu niedrigere Konzentrationen der an der Laktation beteiligten Hormone verursacht. Der Prolaktinspiegel kann z. B. schon durch geringe Mengen an Endotoxin dramatisch gesenkt werden (Smith und Wagner, 1984). Der Oxytocinspiegel ist oft nur halb so hoch wie bei normalen Sauen (Pig Progress, 2020).

Endotoxinschock

Ein septischer Schock kann die Reaktion auf die Freisetzung einer hohen Menge an Endotoxinen sein.

Im Falle einer Infektion mit gramnegativen Bakterien werden die Tiere mit (oft bakteriziden) Antibiotika behandelt. Außerdem findet eine Eliminierung der Bakterien durch das Immunsystem statt. Durch das Absterben vieler Bakterien werden Endotoxine massiv freigesetzt. Im ungebundenen Zustand aktivieren sie das Immunsystem, einschließlich Makrophagen, Monozyten und Endothelzellen. Das führt zur Freisetzung großer Mengen an zellulären Mediatoren wie TNFα, Interleukin 1 (IL-1), IL-6 und Leukotrienen. Hohe Mengen an proinflammatorischen Zytokinen aktivieren die Komplement- und Gerinnungskaskade. Bei einigen Tieren wird dann die Produktion von Prostaglandinen und Leukotrienen stimuliert. Hohes Fieber, verringerter Blutdruck, Bildung von Thromben im Blut, Kollaps, Schädigung mehrerer Organe und tödlicher (endotoxischer) Schock sind die Folge.

Ein endotoxischer Schock tritt nur bei wenigen anfälligen Tieren auf, obwohl die gesamte Herde möglicherweise immunstimuliert wurde. Ein weit größeres Problem stellt der Leistungsabfall der übrigen Ferkel dar: Aufgrund der Endotoxämie wird Energie anstatt für Wachstum für die Immunabwehr eingesetzt.

Verstärkter Durchfall

Lipopolysaccharide führen zu einer erhöhten Freisetzung von Prostaglandinen, die die Magen-Darm-Funktionen beeinflussen. Zusammen mit Leukotrienen und entzündungsfördernden Mediatoren in der Schleimhaut verringern sie die Darmabsorption (Munck et al., 1988; Chiossone et al., 1990), lösen aber auch einen pro-sekretorischen Zustand im Darm aus. Liang et al. (2005) beobachteten eine dosisabhängige Ansammlung von reichlich Flüssigkeit im Dünndarm, die bei Ratten zu einer erhöhtem Durchfall und einer verminderten Darmperistaltik führte.

Fazit

Maßnahmen gegen gramnegative Bakterien können zu einem noch schwerwiegenderen Problem führen – der Endotoxämie. Endotoxine wirken sich nicht nur direkt negativ auf den Organismus aus, sie fördern auch die Entwicklung einiger Krankheiten. Die Unterstützung der Darmgesundheit durch verschiedene Ansätze, einschließlich der Bindung von Toxinen, trägt dazu bei, Tiere gesund zu erhalten.

 

By Inge Heinzl, EW Nutrition

References

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Ein komplexes Schlachtfeld: Mykotoxine im Magen-Darm-Trakt

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Die meisten als Futterrohstoffe verwendeten Körner sind anfällig für Mykotoxin-Kontaminationen. Diese toxischen Sekundärmetaboliten werden vor oder nach der Ernte von Pilzen produziert und verursachen entlang der gesamten landwirtschaftlichen Wertschöpfungsketten schwere wirtschaftliche Verluste. Zu den negativen Folgen für Nutztiere zählen akute Auswirkungen wie Leber- und Nierenfunktionsstörungen, Erbrechen oder Anorexie sowie chronische Auswirkungen wie Immunsuppression, Wachstumsverzögerung und Reproduktionsprobleme. Das Management von Mykotoxinen hat daher für Tierproduzenten weltweit höchste Priorität.

Aber wie kommt es, dass Mykotoxine überhaupt solche Schäden verursachen? Dieser Artikel befasst sich mit den komplexen Prozessen, die auftreten, wenn Mykotoxine mit dem Magen-Darm-Trakt (GIT) in Kontakt kommen. Das Darmepithel ist das erste Gewebe, das Mykotoxinen ausgesetzt ist, und häufig in höheren Konzentrationen als andere Gewebe. Ein tieferes Verständnis darüber, wie Mykotoxine die GIT beeinflussen, ermöglicht es uns, die kaskadierenden Auswirkungen auf die Tiergesundheit und -leistung einzuschätzen, warum solche Schäden bereits bei Kontaminationsniveaus auftreten, die weit unter den offiziellen Sicherheitsschwellen liegen – und was wir dagegen tun können.

Das Darmepithel: die belebte Triage-Stelle für Nährstoffe und Schadstoffe

Wenn Mykotoxine aufgenommen werden, treffen sie auf das Darmepithel des GIT (Abbildung 1). Diese einzelne Zellschicht, die das Darmlumen auskleidet, erfüllt zwei widersprüchliche Funktionen: Erstens muss sie durchlässig genug sein, um die Aufnahme von Nährstoffen zu ermöglichen. Andererseits stellt es die primäre physiologische Barriere gegen Schadstoffe wie Viren, Mikroorganismen und Toxine dar.

Innerhalb des Darmepithels sind verschiedene Arten hochspezialisierter Zellen an der Epithelregeneration, der Nährstoffaufnahme, der angeborenen Abwehr, dem Transport von Immunglobulinen und der Immunüberwachung beteiligt. Die selektive Barrierefunktion bleibt aufgrund der Bildung komplexer Netzwerke von Proteinen erhalten, die benachbarte Zellen verbinden und den Interzellularraum versiegeln. Außerdem ist das Darmepithel mit Schleim bedeckt, der von Becherzellen produziert wird, die seine Oberfläche isolieren und die Adhäsion von Krankheitserregern an die Enterozyten (intestinale Absorptionszellen) verhindern.

Aufgrund seiner doppelten Beteiligung an Verdauungs- und Immunprozessen spielt das Darmepithel eine entscheidende Rolle für die allgemeine Gesundheit des Tieres. Wichtig ist, dass das Epithel direkt der gesamten Belastung mit aufgenommenen Mykotoxinen ausgesetzt ist. Daher können ihre Auswirkungen bereits bei geringen Konzentrationen problematisch sein.

Abbildung 1: Das Darmepithel

Problematische Wirkungen von Mykotoxinen auf das Darmepithel

Die meisten Mykotoxine werden im proximalen Teil des Magen-Darm-Trakts absorbiert (Tabelle 1). Diese Absorption kann hoch sein, wie im Fall von Aflatoxinen (~ 90%), aber auch sehr begrenzt sein, wie im Fall von Fumonisinen (<1%); außerdem hängt es von der Art ab. Wichtig ist, dass ein erheblicher Teil der nicht absorbierten Toxine im Lumen des Magen-Darm-Trakts verbleibt.

Einige der Mykotoxine, die in das Darmlumen gelangen, können durch die Wirkung bestimmter Bakterien in weniger toxische Verbindungen umgewandelt werden. Diese Wirkung findet jedoch überwiegend im Dickdarm statt – daher findet vor der Resorption in den oberen Teilen des GIT keine Entgiftung statt. Ein Teil der absorbierten Mykotoxine kann auch wieder in den Darm gelangen und die Zellen von der basolateralen Seite über den Blutkreislauf erreichen. Darüber hinaus treten sie durch den enterohepatischen Kreislauf (den Kreislauf von Substanzen zwischen Leber und Dünndarm) wieder ein. Beide Wirkungen erhöhen die Gesamtexposition des Magen-Darm-Trakts gegenüber den Toxinen.

Tabelle 1: Geschwindigkeits- und Absorptionsstellen verschiedener Mykotoxine

Adaptiert von: Biehl et al., 1993 ; Bouhet & Oswald, 2007 ; Devreese et al., 2015 ; Ringot et al., 2006

Die schädliche Wirkung von Mykotoxinen auf das Darmepithel erfolgt zunächst durch:

  • Eine Abnahme der Proteinsynthese, die die Barriere und die Immunfunktion verringert ( Van de Walle et al., 2010 )
  • Erhöhter oxidativer Stress auf zellulärer Ebene, der zu einer Lipidperoxidation führt und die Zellmembranen beeinflusst ( Da Silva et al., 2018 )
  • Veränderungen der Genexpression und der Produktion chemischer Botenstoffe (Zytokine) mit Auswirkungen auf das Immunsystem sowie das Zellwachstum und die Zelldifferenzierung ( Ghareeb et al., 2015 )
  • Die Induktion des programmierten Zelltods (Apoptose), die die Reposition von Immun- und Absorptionszellen beeinflusst ( Obremski & Poniatowska-Broniek, 2015 )

Wichtig ist, dass Studien, die auf realistischen Mykotoxinherausforderungen basieren (z. B. Burel et al., 2013 ), zeigen, dass die zur Auslösung dieser Prozesse erforderlichen Mykotoxinwerte niedriger sind als die von der EFSA, der Agentur für Lebensmittelsicherheit der Europäischen Union , als sicher gemeldeten Werte. Die letztendlichen Folgen reichen von einer verminderten Nährstoffaufnahme über Entzündungsreaktionen bis hin zu pathogenen Störungen beim Tier (Abbildung 2).

Figur 2: Auswirkungen von Mykotoxinen auf die GIT und Folgen für monogastrische Tiere

1. Veränderung der Morphologie und Funktionalität der Darmbarriere

Die Mykotoxine DON, Fumonisin und T2 induzieren eine Verringerung der Proliferations- und Differenzierungsrate der Epithelzellen. Dies führt zu einer Verringerung der Höhe und der Oberfläche der Darmzotten, was wiederum zu einer Verringerung der Nährstoffaufnahme führt. Zusätzlich werden einige Nährstofftransporter durch die Wirkung von Mykotoxinen wie DON und T2 gehemmt, die beispielsweise den Glucosetransport negativ beeinflussen.

Mehrere Studien weisen darauf hin, dass Mykotoxine wie Aflatoxin B1, DON, Fumonisin B1, Ochratoxin A und T2 die Permeabilität des Darmepithels von Geflügel und Schweinen erhöhen können (z. B. Pinton & Oswald, 2014 ). Dies ist hauptsächlich eine Folge der Hemmung der Proteinsynthese. Infolgedessen nimmt die Passage von Antigenen in den Blutkreislauf (z. B. Bakterien, Viren und Toxine) zu. Dies erhöht die Anfälligkeit des Tieres für infektiöse Darmerkrankungen. Darüber hinaus führt die Schädigung der Darmbarriere durch Mykotoxine dazu, dass sie auch schneller absorbiert werden.

2. Beeinträchtigte Immunfunktion im Darm

Der Darm ist eine sehr aktive Immunstelle, an der mehrere Immunregulationsmechanismen gleichzeitig den Körper vor Schadstoffen schützen. Immunzellen werden durch Mykotoxine durch die Einleitung von Apoptose, die Hemmung oder Stimulation von Zytokinen und die Induktion von oxidativem Stress beeinflusst. Studien zeigen, dass Aflatoxin, DON, Fumonisin, T2 und Zearalenon mit dem intestinalen Immunsystem derart interagieren, dass die Anfälligkeit des Tieres für virale und bakterielle Infektionen zunimmt (z. B. Burel et al., 2013 ). Darüber hinaus wird durch die Erhöhung der Kotausscheidung die horizontale Übertragung von Krankheitserregern verlängert.

Für die Geflügelproduktion ist eine der schwerwiegendsten enterischen Probleme bakteriellen Ursprungs die nekrotische Enteritis, die durch Clostridium perfringens- Toxine verursacht wird. Jedes Mittel, das das Magen-Darm-Epithel stören kann – z. B. Mykotoxine wie DON, T2 und Ochratoxin – fördert die Entwicklung einer nekrotischen Enteritis. Die durch Mykotoxine wie Aflatoxin, DON und T2 verursachte Hemmung des intestinalen Immunsystems wirkt sich ebenfalls auf die Entwicklung dieser Krankheit aus.

3. Veränderung der Darmflora

Der Magen-Darm-Trakt beherbergt eine vielfältige Gemeinschaft von Bakterien, Pilzen, Protozoen und Viren, die die Wände des distalen Teils des Darms auskleidet. Diese Mikrobiota verhindert das Wachstum pathogener Bakterien durch kompetitiven Ausschluss und die Sekretion natürlicher antimikrobieller Verbindungen, flüchtiger Fettsäuren und organischer Säuren.

Jüngste Studien zur Wirkung verschiedener Mykotoxine auf die Darmmikrobiota zeigen, dass DON und andere Trichothecene die Besiedlung coliformer Bakterien bei Schweinen begünstigen. DON und Ochratoxin A induzieren auch bei Vögeln und Schweinen eine stärkere Invasion von Salmonellen und deren Translokation in den Blutkreislauf und die lebenswichtigen Organe – selbst bei nicht zytotoxischen Konzentrationen. Es ist bekannt, dass Fumonisin B1 Veränderungen im Gleichgewicht von Sphingolipiden auf zellulärer Ebene induzieren kann, auch bei Magen-Darm-Zellen. Dies erleichtert die Adhäsion pathogener Bakterien, erhöht ihre Populationen und verlängert Infektionen, wie für den Fall von E. coli gezeigt wurde.

Aus Sicht der menschlichen Gesundheit ist die Besiedlung des Darms von Tieren, die Lebensmittel produzieren, durch pathogene Stämme von E. coli und Salmonellen von besonderer Bedeutung. Eine Mykotoxinexposition kann die Übertragung dieser Krankheitserreger erhöhen und ein Risiko für die menschliche Gesundheit darstellen.

4. Wechselwirkung mit bakteriellen Toxinen

Wenn Mykotoxine Veränderungen in der Darmmikrobiota induzieren, kann dies zu einer Erhöhung der Endotoxinkonzentration im Darmlumen führen. Endotoxine oder Lipopolysaccharide (LPS) sind Fragmente der Zellwände gramnegativer Bakterien. Sie werden während des Zelltods, des Wachstums und der Teilung von Bakterien freigesetzt. Daher sind Endotoxine auch bei gesunden Tieren immer im Darm vorhanden. Endotoxine fördern die Freisetzung mehrerer Zytokine, die eine verstärkte Immunantwort auslösen, Entzündungen verursachen und so den Futterverbrauch und die Leistung der Tiere, die Schädigung lebenswichtiger Organe, die Sepsis und in einigen Fällen den Tod der Tiere verringern.

Die Synergie zwischen Mykotoxinen und Endotoxinen kann zu einer Überstimulation des Immunsystems führen. Die Wechselwirkung zwischen Endotoxinen und Östrogenen wie beispielsweise Zearalenon führt zu chronischen Entzündungen und Autoimmunerkrankungen, da Immunzellen Östrogenrezeptoren aufweisen, die durch das Mykotoxin stimuliert werden. Andererseits wurde gezeigt, dass die Kombination von DON in geringen Konzentrationen und Endotoxinen im Darm zu einer Abnahme der transepithelialen Resistenz führt und das Gleichgewicht der Mikrobiota verändert.

Was ist zu tun? Proaktives Toxin-Risikomanagement

Um die schädlichen Folgen von Mykotoxinen für die Tiergesundheit und -leistung zu verhindern, sind proaktive Lösungen erforderlich, die die Verdauungs- und Immunfunktion des Darmepithels unterstützen und zur Aufrechterhaltung eines ausgewogenen Mikrobioms im GIT beitragen. Darüber hinaus ist es entscheidend, dass jedes Anti-Mykotoxin-Produkt sowohl Anti-Mykotoxin- als auch antibakterielle Toxineigenschaften aufweist und die Organe unterstützt, auf die Mykotoxine am meisten abzielen, z. B. die Leber. Die Mastersorb® Gold-Vormischung von EW Nutrition basiert auf der synergistischen Kombination von natürlichen Tonmineralien, Hefezellwänden und Phytomolekülen. Seine Wirksamkeit wurde ausführlich getestet, auch als Mittel zum Umgang mit E. coli- Endotoxinen.

Mastersorb® Gold: Die Anti-Mykotoxin-Aktivität stabilisiert die Leistung und stärkt die Gesundheit der Leber

Ein in Deutschland an männlichen Ross 308-Broilern durchgeführter Feldversuch zeigte, dass bei Broilern, die eine mit DON und Zearalenon kontaminierte Diät erhielten, die Zugabe von 1 kg Mastersorb® Gold pro Tonne Futter zu einer signifikanten Leistungssteigerung führte. Sie haben nicht nur den Mykotoxin-induzierten Gewichtsverlust (6% Anstieg gegenüber der Gruppe, die nur die Herausforderung erhielt) wiederhergestellt, sondern auch gegenüber der Kontrollgruppe (die weder die Herausforderung noch Mastersorb® Gold erhielt) zugenommen. Die Futterverwertung verbesserte sich auch um 3% im Vergleich zu der mit Mykotoxinen belasteten Gruppe.

Eine wissenschaftliche Studie an weiblichen Kreuzungsschweinen zeigte, dass Mastersorb® Gold die schädlichen Auswirkungen der Fumonisin-Kontamination im Futter signifikant reduzierte. Die Abnahme der Gewichtszunahme und die Abnahme der Futterverwertung konnten um 6,7% bzw. 13 FCR-Punkte gemildert werden (Abbildung 3). Auch das Sphinganin / Sphingosin (Sa / So) -Verhältnis, ein Biomarker für das Vorhandensein von Fumonisin im Blutserum, konnte um 22,5% verringert werden.

Figur 3: Mastersorb® Gold steigert die Leistung von Schweinen, die mit Fumonisin kontaminiert gefüttert werden

Eine weitere Studie an weiblichen Kreuzungsferkeln, die an einer deutschen Universität durchgeführt wurde, untersuchte, ob Mastersorb® Gold die Leistung sowie die Gesundheit der Leber unter einer natürlich vorkommenden Herausforderung von ZEA (~ 370ppb) und DON (~ 5000ppb) unterstützen kann.  Mastersorb® Gold verbesserte die Gewichtszunahme und Futterverwertung bei Ferkeln, die die mit Mykotoxin kontaminierte Nahrung erhielten, signifikant: Die tägliche Körpergewichtszunahme war 75 g höher als bei einer Gruppe, die nur die Herausforderung erhielt, und die FCR verbesserte sich um 24% (1,7 vs. 2,25 für die Gruppe ohne Mastersorb® Gold). Darüber hinaus verbesserte Mastersorb® Gold das Lebergewicht (insgesamt und relativ) und die AST-Werte der Ferkel (Aspartat-Aminotransferase, ein Enzym, das auf eine Leberschädigung hinweist) signifikant. Es zeigte sich auch eine Tendenz zur Verbesserung des Milzgewichts und der GGT-Spiegel (Gamma-Glutamyltransferase, ein weiteres Enzym, das auf Leberprobleme hinweist), was darauf hinweist, dass Mastersorb® Gold den schädlichen Auswirkungen der Mykotoxin-Kontamination auf die Leberfunktionalität wirksam entgegenwirkt.

In-vitro-Studien belegen die Wirksamkeit von Mastersorb® Gold sowohl gegen Mykotoxine als auch gegen bakterielle Toxine

Tierfutter ist häufig mit zwei oder mehr Mykotoxinen kontaminiert, weshalb es wichtig ist, dass ein Anti-Mykotoxin-Mittel gegen eine Vielzahl verschiedener Mykotoxine wirksam ist. Um zu verhindern, dass Mykotoxine die GIT schädigen, sollte ein wirksames Produkt idealerweise die meisten Mykotoxine im ersten Teil des Darms des Tieres (unter sauren Bedingungen) adsorbieren. In-vitro-Experimente in einer unabhängigen Forschungseinrichtung in Brasilien zeigten, dass eine Anwendung von 0,2% Mastersorb® Gold alle getesteten Mykotoxine mit Raten von 95 bis 97% bei einem pH-Wert von 3 unter Verwendung realistischer Herausforderungen von 1000 ppb (Aflatoxin B1 und ZEA) bindet. und 2500 ppb (Fumonisin B1 und DON). Besonders ermutigend sind die Bindungsergebnisse für Fumonisin und DON, die unter schwierigen, nahezu neutralen Bedingungen (pH 6) häufig als „nicht bindend“ angesehen werden.

Figur 4: Mastersorb® Gold-Bindungskapazität gegen verschiedene Mykotoxine (%)

In Bezug auf die Wirksamkeit gegen Endotoxine hat eine In-vitro- Studie, die unter anderem an der Universität Utrecht durchgeführt wurde, gezeigt, dass Mastersorb® Gold ein starkes Instrument gegen das von E. coli freigesetzte LPS ist . Für den Test wurden vier Premium-Mykotoxin-Bindemittel in einer Phosphatpufferlösung in Konzentrationen von 0,25% und 1% suspendiert. E. coli LPS wurden in jeder Probe von 50 ng / ml bis zu einer Endkonzentration suspendiert. Gegen diese besonders hohe Herausforderung erreichte Mastersorb® Gold eine Bindungsrate von 75% bei einer Einschlussrate von 1%: eine deutliche Outperformance gegenüber Konkurrenzprodukten, die bestenfalls eine Bindungsrate von 10% aufwiesen.

Fazit

Ein gesunder Magen-Darm-Trakt ist für die allgemeine Gesundheit der Tiere von entscheidender Bedeutung: Er sorgt für eine optimale Nährstoffaufnahme, schützt durch seine Immunfunktion wirksam vor Krankheitserregern und ist der Schlüssel zur Aufrechterhaltung einer ausgewogenen Mikroflora. Selbst in Mengen, die von der Europäischen Union als sicher eingestuft werden, können Mykotoxine verschiedene Darmfunktionen wie Absorption, Permeabilität, Immunität und Mikrobiota-Gleichgewicht beeinträchtigen, was zu einer geringeren Produktivität und Anfälligkeit für Krankheiten führt.

Um die Leistung der Tiere zu gewährleisten, ist es wichtig, kontinuierlich nach einer geringen Kontamination der Futterrohstoffe zu streben – und zu verhindern, dass die unvermeidbaren Mykotoxinbelastungen das Darmepithel durch die Verwendung eines wirksamen Antimykotoxin-Mittels schädigen, das auch Tiere gegen Endotoxine unterstützt und steigert die Leberfunktion. Untersuchungen zeigen, dass Mastersorb® Gold ein leistungsstarkes Werkzeug für proaktive Produzenten ist, die eine stärkere Tiergesundheit, Tierschutz und Produktivität suchen.

Von Marisabel Caballero und Sabria Regragui Mazili




5 Fakten, die Schweineproduzenten über das ZnO-Verbot der EU wissen sollten

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Wir alle kennen die Überschriften, „Europäische Kommission verabschiedet ZnO-Verbot“ oder „Zinkoxid-Einsatz soll auf EU-Ebene bis 2022 auslaufen“. Die EU-Gesetzgebung sieht offensichtlich weitreichende Änderungen für europäische Schweineproduzenten vor – aber im Dschungel der Abkürzungen und des juristischen Fachvokabulars ist nicht immer klar, welche Institution worüber entscheidet und warum. Hier sind fünf wichtige Fakten, die Schweineproduzenten dabei helfen, das Zinkoxidverbot der EU nachzuvollziehen.

1. Zinkoxid kann nur noch als Futtermittelzusatz in niedriger Dosierung verwendet werden

Da Schweine Zink benötigen, um verschiedene Stoffwechselfunktionen aufrechtzuerhalten, wird es ihrem Futter beigemischt. Diese Nutzung wird nicht verboten: ZnO ist nach wie vor als Zinkquelle in dem für die gesamte EU geltendem Gemeinschaftsregister der Futtermittelzusatzstoffe aufgeführt. Die Europäische Kommission entscheidet anhand der Stellungnahmen der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) – die die Kommission auch zu Themen wie Tierschutz und der Afrikanischen Schweinepest berät – welche Produkte in das Register aufgenommen werden. Die EFSA geht derzeit davon aus, dass ein Gesamtgehalt von 150ppm in der Ration den physiologischen Bedarf der Tiere an Zink deckt. Die Europäische Kommission hat aufgrund dieser Empfehlung 150ppm als gesetzliche Obergrenze für den Zinkgehalt in Ferkelfutter festgelegt.

2. Die EU legt gemeinschaftliche Regeln für Tierarzneimittel fest

ZnO-basierte Produkte zur Behandlung von Absetzdurchfall bei Ferkeln enthalten dagegen pharmakologische Dosierungen von Zinkoxid. Üblich ist dabei eine Dosierung von 100mg pro kg Körpergewicht und Tag an 14 aufeinanderfolgenden Tagen, was 2500ppm Zink im Futter entspricht. Diese Produkte werden als Tierarzneimittel eingestuft und fallen daher unter die Richtlinie 2001/82/EG über Tierarzneimittel und unter die Verordnung (EG) Nr. 726/2004. Diese Rechtsakte enthalten die EU-Vorschriften für Herstellung, Vertrieb und Zulassung von Tierarzneimitteln und legen den Grundstein für die Europäische Arzneimittel-Agentur (EMA). Während die EFSA die Europäische Kommission in Bezug auf Futtermittelzusatzstoffe berät, wendet sich die Kommission, wenn es um Tierarzneimittel geht, an die EMA.

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Zinkoxid: zwei unterschiedliche Anwendungen, zwei unterschiedliche Situationen

3. Produktlizenzen sind ein nationales Thema – unterliegen jedoch der EU-Kontrolle

Eines der Hauptthemen der EMA sind Genehmigungen für das Inverkehrbringen: Tierarzneimittel können in der EU nur verkauft und gehandelt werden, wenn für ihr Inverkehrbringen eine Genehmigung, eine spezielle Zulassung, vorliegt. Je nach Art des Tierarzneimittel und dem Zeitpunkt seiner erstmaligen Marktplatzierung wird die Genehmigung für das Inverkehrbringen entweder von der EMA oder von nationalen Behörden erteilt. Zinkoxidhaltige Tierarzneimittel fallen (bzw. fielen) in den Zuständigkeitsbereich der nationalen Zulassungsverfahren. Die nationalen Behörden sollen sich jedoch bei Problemen mit einem eingereichten Antrag an das EMA-Komitee für Tierarzneimittel (Committee for Medicinal Products for Veterinary Use, CVMP) wenden. Bei Zinkoxid ist genau dieser Fall eingetreten.

4. Frankreich und die Niederlande leiteten Überprüfung von Zinkoxid ein

Ein europäisches Unternehmen der Futtermittelindustrie hatte in Großbritannien eine Genehmigung für das Inverkehrbringen seines auf ZnO basierenden Arzneifuttermittels für Ferkel beantragt – in der Hoffnung, dass ein sogenanntes dezentrales Zulassungsverfahren stattfinden würde. Dieses Verfahren würde bedeuten, dass die in Großbritannien erteilte Genehmigung für das Inverkehrbringen auch in anderen EU-Ländern gültig wäre. Frankreich und die Niederlande lehnten dies jedoch aus Umweltgründen ab. Anfänglich befand das CVMP, dass die Genehmigung für das Inverkehrbringen trotzdem erteilt werden könne, Frankreich und die Niederlande bestanden jedoch weiterhin auf ihrer Position. In einer zweiten Runde äußerten sie Zweifel an der Wirksamkeit von Risikominderungsmaßnahmen und betonten das zusätzliche Problem der Antibiotikaresistenz. Diesmal waren sie erfolgreich.

5. Fazit: ZnO-Produkte erhalten keine Genehmigung mehr für das Inverkehrbringen

Im März 2017 gelangte das CVMP zu dem Schluss, dass die Vorteile von Zinkoxid zur Vorbeugung von Absetzdurchfall die Risiken für die Umwelt nicht aufwiegen. Daher sprach das Komitee den nationalen Behörden die Empfehlung aus, bestehende Zulassungen für zinkoxidbasierte Tierarzneimittel zu widerrufen und keine neuen Zulassungen mehr zu erteilen. Kurz darauf, am 26. Juni 2017, verabschiedete die Europäische Kommission einen sogenannten Durchführungsbeschluss, was bedeutet, dass alle EU-Länder die Empfehlung des CVMP  umsetzen müssen. Dieser Beschluss besagt auch, dass Länder den Widerruf von Zulassungen aufschieben können, wenn sie der Ansicht sind, dass der Mangel an Alternativen und die notwendigen Änderungen an landwirtschaftlichen Praktiken zu viel Druck auf die nationale Schweineproduktion ausüben. Der Aufschub ist allerdings auf fünf Jahre begrenzt, dementsprechend muss die Entscheidung spätestens bis zum 26. Juni 2022 umgesetzt werden.

Die Hälfte der Zeit, bevor das Verbot von Zinkoxid als Tierarzneimittel in der gesamten EU Einzug hält, ist um. Daher wird mit Hochdruck nach wirksamen Strategien gesucht, um Absetzdurchfall zu bekämpfen: ohne Zink, aber durch kontinuierliche Verbesserungen im Management und in der Futterpraxis, sowie durch die Unterstützung funktionaler, innovativer Futtermittelzusätze.

Von Sabria Regragui Mazili – Content editor EW Nutrition
Artikel verfügbar in Englisch, Niederländisch und Spanisch.